Klangbilder überzeugen in Göttingen

Ein Bericht von Wolfgang Kahl:

Das Akkordeon-Landesauswahlorchester Niedersachsen ACCOLLAGE präsentierte sich zum zweiten Mal in der St. Vinzenzkirche in Göttingen/Weende. Unter der Leitung von Ralf Schwarzien konnte das Orchester wieder einmal musikalisch sehr überzeugend glänzen.

Das Konzert wurde mit dem „Orientalischen Festmarsch“ aus Aladdin, op. 34 von Carl Nielsen in sehr klangvoll-beeindruckender Atmosphäre eröffnet. Dem Zuhörer wurde sofort vermittelt, auf was er sich gehörsmässig und visuell einzurichten hat: Hier präsentiert sich ein aussergewöhnlicher Klangkörper mit ebenso aussergewöhnlicher Interpretationen von klassischer bis hin zu zeitgenössischer Musik. Besser kann man ein konzertantes Konzert nicht eröffnen.

Danach erklang die „Tango-Suite“ von Astor Piazzolla in einem Arrangement von Reiko Clement. Ursprünglich hatte Piazzolla diese Komposition für zwei Gitarren komponiert. Das orchestrale Arrangement brillierte so enorm und ließ die ursprüngliche Besetzung völlig vergessen. Das Orchester wurde dabei mächtig herausgefordert, denn es galt eine Komposition aus der letzten Schaffensperiode des Komponisten zu interpretieren, die sich enorm weiter entwickelt hatte.

Der „Tanguango“ von Astor Piazzolla ließ dann die frühe Schaffensphase widerspiegeln, so, wie man Piazzolla eigendlich genießt. Es ist und war konzertanter Tango-Nuevo, wie man ihn kennt, sehr dynamisch und melancholisch genießt. Das Orchester spielte sich damit in die Herzen der Zuhörer und erntete viel Applaus.

Die „Roma Rhapsodie“ von Andrej Mouline zeigte ein völlig neues Klangbild. Es wurden traditionelle Sinti und Roma Melodien in variationsreichen Eindrücken musikalisch vermittelt. Die unüberhörbare Lebensfreude aber auch sehr emotionale Tongestaltung dieser Musik wurden überzeugend interpretiert. Das Publikum wurde erreicht und so gab es auch überschäumenden Applaus.

Den zweiten Teil eröffnete das Orchester mit der Komposition „Am Genfer See“ von Stefan Hippe. Zu diesem zeitgenössischen Titel erläuterte der Dirigent Ralf Schwarzien die Gedankenspiele des Komponisten. Dadurch konnte sich der Zuhörer auf das klangliche Bild einstellen. Es folgte ein spektakuläres, bravouröses Klangbild, welches für eine Akkordeon-Formation doch sehr ungewöhnlich ist. Alle Register wurden gezogen, ungewöhnliche Klänge vereinten sich im tonalen Miteinander.

Mit „Pilatus: Mountain of dragons“ von Steven Reineke überraschte das Orchester in ganz anderen Dimensionen. Ursprünglich für Blasorchester arrangiert zeigte Ralf Schwarzien durch seinem Arrangement, dass es auch durchaus für Akkordeonorchester geeignet ist. Das technisch und musikalisch anspruchsvolle Stück wurde von dem Orchester sehr gekonnt dargeboten und erhielt enormen Beifall.

Zum Ende erklang „Bacchanale“ aus der Oper „Samson und Dalila“ von Camille Saint-Saens im Arrangement von Wolfgang Pfeffer. Zusammen mit Faust und Carmen zählt Samson und Dalila zu den beliebtesten Opern des französischen Repertoires. Auch 140 Jahre nach seiner Entstehung übt dieses Werk immer noch einen betörenden Zauber aus und bringt eine Sinnlichkeit zum Ausdruck, Dies allerdings mit beträchtlicher Virtuosität, die das Akkordeonorchester Accollage sehr überzeugend widerspiegelte.

Es war ein berauschender Konzertabend, der nach Wiederholung schreit. Das Akkordeon-Orchester des Landes Niedersachsen ACCOLLAGE zeigte wieder einmal, wie vielseitig das Akkordeon als Orchesterinstrument sein kann.