Die Stadthalle der Klosterstadt wurde am Samstagabend zur gesuchten Konzertbühne: „Accollage“, das innovative Akkordeon-Orchester des Landes Niedersachsen, gastierte auf Einladung des Fördervereins Maulbronner Kultur im Fruchtkasten. Das 28-köpfige Orchester unter der Leitung des Dirigenten Ralf Schwarzien demonstrierte eindrucksvoll die enorme, aber viel zu selten dargebotene Klangvielfalt eines großen Handharmonika-Ensembles.
Hinter einer halbkreisförmig platzierten und beeindruckend wuchtigen Phalanx aus schwarz-weißen Schifferklavieren blieben die Keyboarder (Sabine Henze und Roland Fritz), das Schlagwerk (Heiko Tannen, Sabine Henze und Britta Schwarzien) und der Bass (Mathias Behrens) den Blicken verborgen; nicht aber den Ohren: Schon bei den ersten vorgetragenen Titeln des Abends – „Pilatus: Mountain Of Dragons“ (von Steven Reinke) und „Drachen müssen fliegen“ (Pur) – waren Snare und Percussion stets unüberhörbar präsent. Schon ihre ersten Beats machten bereits neugierig auf einen Konzertabend voller Bombast-Rock, Jazz, populärer Klassik und rarer Avantgarde. Mit den Solisten, die ab dem Pur-Titel hinzukamen, wurde die ausdrucksstarke Bandbreite von „Accollage“ weiter vergrößert. Dem Auftritt in Maulbronn liehen ihre Stimmen: Marita Kröger (Mezzosopran), Swaantje Schwarzien (Alt) und Markus Rößle (Tenor).
Ohrwurm als Höhepunkt
Auf Camille Saint-Saëns‘ wilden Tanz „Bacchanale“ folgten Queens eher selten zu hörendes „Innuedo“, von Ralf Schwarzien furios dirigiert, und das spanische Volkslied „Hijo de la luna“. Mit Grace Jones‘ „I’ve Seen That Face Before“, die von Astor Piazollas Werk „Libertango“ inspiriert wurde, und einer Orchester-Version von „Adios nonino“, das Piazolla seinem verstorbenen Vater widmete, schloss sich – zumindest für Akkordeon-Puristen – der musikalische Höhepunkt an. Mit Meat Loafs Hit „I’d Do Anything For Love“ und „Let Me Entertain You“ (Robbie Williams) folgte das spektakuläre Ohrwurm-Highlight, bei dem das Maulbronner Publikum begeistert mitklatschte.
Nach der Pause startete „Accollage“ mit Ramazzottis „Musica é“ nach einer Idee des im Saal anwesenden Heidelberger Orchesterleiters Hans-Jürgen Jacobsen. Fortan überstieg die Anzahl der Songs, die der Instrumentalstücke. Mit „Sein“ (Original: Andreas Bourani) trug Markus Rößle den einzigen deutsch gesungenen Titel des Konzertabends vor. Ein weiterer Höhepunkt – „Don’t Stop Believin‘“ – stammt aus den frühen 1980er-Jahren. Die Hookline kommt erstmals nach drei Vierteln des Titels: Heute schlichtweg undenkbar.
Das mit kräftigem Beifall belohnte Konzert klang mit zwei Zugaben aus. Als „Rausschmeißer“ trugen Konzertmeisterin Anja Bremers, Sänger Markus Rößler und Dirigent Ralf Schwarzien den Song „Seconds To Fall“ (Fury in the Slaughterhouse) vor. Ein Klasse-Konzert!
Artikelnachweis: Medienhaus – Pforzheimer Zeitung – J. Esslinger GmbH & Co. KG – Autor: Robin Daniel Frommer. Mit freundlicher Genehmigung.
Bildnachweis: Silke Storz